Die Wild Wings zurück in der DEL - Fluch oder Segen?Die Schwenninger Wild Wings sind zurück in der Beletage des deutschen Eishockeys: der DEL. Manche sagen, dass die Wild Wings dort sind, wo sie als Traditionsverein hingehören, eben so viele misbilligen den „Aufstieg“ durch einen Lizenzkauf. Verständlich und mein Kommentar soll etwas Licht ins Dunkel bringen.
Nach über 10 Jahren, genauer gesagt 3714 Tage, nachdem
Francois Fortier mit seinem „golden goal“ in den Play-Downs gegen die Frankfurt Lions das letzte offizielle DEL Tor der Wild Wings geschossen hat, sind die Wild Wings, aufgrund der finanziellen und politischen Schieflage der Hannover Scorpions und der eigenen Finanzkraft, wieder zurück in der höchsten deutschen Spielklasse!
Aus selbiger aber ist man am 23.03.2003 nach der gewonnen Play-Down Serie gegen die Frankfurt Lions aus finanziellen Gründen abgestiegen. Damals war die Rede von 2 Millionen DM(!) Verbindlichkeiten, u.a. an die Berufsgenossenschaft.
Nun…seit 2003 hat sich vieles getan: die Schwenninger Wild Wings fungieren nicht mehr als „e.V.“ sondern sind mittlerweile in einer „Vermarktungs- und Betriebs GmbH“ organisiert…der alte und unkomfortable Bauchenberg wurde in mehren Bauabschnitten in die DEL-taugliche Heliosarena umgebaut und gilt als Schmuckkästchen. Für mich persönlich aber der entscheidende Faktor: es sind Gesellschafter am Werk, die das finanzielle Handwerk verstehen und die die Wild Wings mit finanziellen und menschlichen Engagement nach dem Konkurs auf solide Beine gestellt haben. Und es war immer das erklärte Ziel dieser Gesellschafter, die Wild Wings über kurz oder lang zurück in die DEL zu führen. Und Fakt ist, dass sie nichts anderes getan haben!
Für mich persönlich schließt sich ein gewisser Kreis: mein erstes Heimspiel bei den Freezers war gegen die Scorpions…und viele Fans der Scorpions meinten damals, „dass Schwenningen unbedingt wieder in die DEL muss…denn da gehören sie schließlich hin…“…Ironie des Schicksals…genau das haben die Wild Wings jetzt gemacht…
Bei aller Freude über diesen Einstieg in die DEL, so sehr fühle ich doch auch mit den Fans in Hannover mit. Ich kann aus eigener Erfahrung mitfühlen und weiß, wie hart und unfassbar es ist, wenn einem quasi über Nacht das Hobby genommen wird! Ich hoffe und wünsche euch allen, dass es einen Weg des Eishockeys in Hannover gibt und es für euch und mit euch weiter geht! Tut mir wirklich sehr leid für euch! In diesem Sinne: Kopf hoch und viel Glück für eure Zukunft!
Und die Schwenninger Fans? Sie müssen sich an andere Namen gewöhnen. In der kommenden Saison heißen die Gegner nicht mehr Jokers, Falken, Steelers oder Towerstars…sondern Adler, Roosters, Eisbären oder Haie geben ihre Visitenkarte in der Heliosarena ab…es gibt sogar eishockeyspielende Kühlschränke…
In der DEL wird die komplette Saison mit dem „vier-Mann-Schiedsrichter-System“ geleitet. Das kennen die Schwenninger Fans aus den diesjährigen Play-Offs und dies stieß durchweg auf positive Resonanz. Nach strittigen Torszenen darf zukünftig der Videobeweis zu Rate gezogen werden und ab und zu sollen die Wild Wings sogar im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein...Servus DEL!
Und an noch eine Änderung müssen sich die Fans in der kommenden Saison gewöhnen: ab sofort zählt man nicht mehr zu dem Favoritenkreis in der Titelvergabe, sondern man ist der Underdog der Liga! Die Zeiten, in denen man quasi ein Abo auf die Play-Offs hatte, sind vorbei. Es gilt, kleinere Brötchen zu packen…die Großen ein bisschen zu ärgern, evtl. für die eine oder andere Überraschung sorgen zu können…in der Gewissheit lebend, pro Saison mehr Spiele zu verlieren als zu gewinnen.
Willst Du Schwenningen in der Tabelle oben sehen, musst Du diese drehen…
Und darin sehe ich ein großes Problem: aufgrund des Genarationwechsels innerhalb der Schwenninger Fanszene können sich viele gar nicht mehr an die „gute, alte DEL-Zeit“ erinnern…Wie auch…waren sie doch zu dieser Zeit noch der berühmte „Quark im Schaufenster“. Auch wenn die Anfangseuphorie den einen oder anderen zusätzlichen Zuschauer in die Arena treiben wird…wie aber verhält sich das kritische Publikum, wenn der Erfolg ausbleibt und man am Ende der Tabelle rumkriecht, ohne Chance auf sportliche Highlights?
Ob die DEL in Schwenningen Zukunft hat und ob die laufenden finanziellen Betriebskosten auf Dauer gestemmt werden können, wird die Zeit zeigen. Vom Etat her sollten sich die Wild Wings in der Region „Augsburg-Straubing-Iserlohn“ bewegen. In wieweit solch ein Etat zu stemmen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Gemäß vergangener Aussagen sollen, bei einem DEL-Engagement der Wild Wings, neue Sponsoren hinzukommen, bzw. bereits bestehende Gönner ihr finanzielles Sponsoring erhöhen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Verantwortlichen hierzu ihre Hausaufgaben gemacht haben und es ein wohl und lange überlegter Schritt war. Denn für eines waren die Verantwortlichen auch in der Vergangenheit nicht zu haben: für Bauchentscheidungen und unüberlegte Schnellschüsse!
Die Wild Wings sind auf ähnlichen Weg zurück in die DEL gekommen, wie sie diese verlassen mussten: aus finziellen Gründen. Das mag bitter aufstoßen und von einer "sportlichen" Entscheidung kann hier keine Rede sein. Aber: so sind nun mal die Strukturen im deutschen Eishockey und die daraus resultierenden Voraussetzungen, die in den letzten Jahren geschaffen wurden. Hierfür die Wild Wings in die Verantwortung zu ziehen oder ihnen einen Vorwurf zu machen oder gar dieses Vorgehen moralisch bedenklich zu nennen, ist unfair!
Und jeder, der die Wild Wings jetzt am liebsten wie einen Stier durch die Arena treiben möchte, sollte sich mal hinterfragen, wie er sich verhalten würde, würde sein Lieblingsverein anstelle der Wild Wings stehen! Die Wild Wings haben ganz einfach das gemacht, was jedes andere Team auch gemacht hätte, wenn es die Möglichkeiten dazu bekommen oder gehabt hätte. Alles andere ist in meinen Augen scheinheilig. Man kann natürlich drüber diskutieren, dass es ein bitteren Beigeschmack hat.
Dass die Steelers aus Bietigheim als aktueller 2. Ligameister nicht in der DEL auflaufen können und nun verbal nachtreten, die Schwenninger hätten sich während der Lizenzverhandlungen nicht an ein Gentlemen Agreement gehalten, ist für mich Stimmungsmache, um das Gesicht vor den eigenen Fans zu wahren. "Seht her, liebe Fans, wir haben alles getan, um in die DEL zu kommen, aber die bösen Schwenninger"... Die Steelers haben den Scorpions ein “
faires und verbindliches Angebot, welches den DEL-Lizenzregeln entspricht", unterbreitet. Und jetzt? Das Angebot mag fair sein, das Angebot mag den DEL-Lizenzregeln entsprechen – ABER: Es entspricht nicht dem wichtigsten Parameter, nämlich der geforderten Kaufsumme. Ich kann auch nicht an einem Bierstand ein Bier zum Einkaufspreis verlangen und auf ein Vorkaufsrecht pochen, wenn jemand anderes den ausgeschriebenen Preis bereit ist zu zahlen und mit einer Hand voll Gerstensaft den Stand zufrieden verlässt! Und mit der Verpflichtung des Kontigentspielers Matt McKnight aus Weisswasser in dieser Woche, (kein Zweifel, McKnight ist ein sehr guter Spieler - für die 2. Liga), können auch in etwa die "DEL-Ambitionen" der Steelers widergespiegelt werden. Sorry, lieber Steelers und bei allem Respekt in Bezug auf euren sportlichen Erfolg, aber das ist Nachtreten ohne Stil!
Im Endeffekt sind das die Gesetze der freien Marktwirtschaft: das Angebot regelt den Preis und wer bereit ist, den höchsten Preis zu bezahlen, bekommt das vermeindlich beste, zumindest aber das gewünschte Angebot. Es ergab für die Wild Wings eine Möglichkeit das große Ziel zu erreichen und diese hat man genutzt. Zumal ein Einstieg in die DEL über eine Lizenzübernahme nicht neu ist und bereits in der Vergangenheit des öfteren praktiziert wurde.
Tja...mit einem geregelten und durchgängigen Auf- und Abstieg wäre das nicht passiert...
Letztendlich bin ich Eishockeyfan und Fan der Wild Wings und werde diese unterstützen - egal in welcher Liga!
Und so ist es heute für mich persönlich ein denkwürdiger Tag, ein schöner Tag, der auch vielen altgedienten Wild Wings Fans sehr gefallen dürfte.
Danke 2. Liga für 10 schöne Jahre - Willkommen DEL: auf eine gute Zeit!